Verfahren nach § 8a SGB VIII
Mehr Handlungssicherheit im Jugendamt
Die Aufgabe heißt, Elternrecht gegen Kindeswohl abzuwägen. Doch genau dabei ergeben sich für Fachkräfte in der Praxis viele Fragen.
Bei jedem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung müssen die ASD-Mitarbeiter der Jugendämter nach § 8a Abs.1 SGB VIII entscheiden: Ist das Kindeswohl tatsächlich bedroht? Muss sofort eingeschritten werden? Sind die Eltern ausreichend kooperationsbereit, nehmen sie die Hilfe an? Oder muss gar ein Antrag beim Familiengericht auf Einschränkung oder Entzug des Personensorgerechts gestellt werden?
In der Vergangenheit ergaben sich die Unsicherheiten im Wesentlichen aus unzureichend klaren Regelungen u. a. bezüglich Verantwortlichkeit im Kinder- und Jugendhilferecht. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe - KICK am 1. Oktober 2005 sind die vermeintlichen rechtlichen Lücken beseitigt.
Doch an vielen Stellen bleibt das Gesetz auch nach Einführung des § 8a SBG VIII interpretationsbedürftig. Die gesetzlichen Vorgaben müssen in die Alltagspraxis übersetzt werden. Dazu wurde bundesweit bereits eine Reihe einschlägiger Verfahren und Leitlinien entwickelt. Auch in Brandenburg hat eine Arbeitsgruppe von ASD-Leiterinnen einen Leitfaden zur Wahrnehmung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung - § 8a SGB VIIIerarbeitet.
Diese oder andere Verfahrensstandards und Handlungsrichtlinien gehören bei den meisten Jugendämtern und Trägern in Brandenburg zur institutionellen Ausstattung. Sie müssen nun in Folge der jüngsten Änderungen im Kinder- und Jugendhilferecht (weiter-) entwickelt werden. Notwendig ist dabei die kontinuierliche kritische Reflexion: Wie alltagstauglich ist das bislang angewandte Verfahren? Wieweit stärkt es wirklich Handlungssicherheit der Fachkräfte? Ist es ein wirksames Handwerkzeug, um bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung auf der Grundlage einer soliden Einschätzung zu handeln?
Bei diesem Prozess bietet die Fachstelle Kinderschutz den Brandenburger Jugendämtern fachliche Begleitung
Angebot
Prozessbegleitung bei der Weiterentwicklung von Verfahren nach § 8a SGB VIII
Die Fachstelle Kinderschutz bietet den Jugendämtern in Brandenburg fachliche Unterstützung bei der Weiterentwicklung geeigneter Verfahren und Standards nach § 8a SGB VIII an. Ziel ist, dass jedes Jugendamt seine Verfahren zum Schutzauftrag kritisch überprüft: Vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzeslage und weiterentwickelter Instrumente müssen die Verfahren an die praktischen Regelungs- und Handlungserfordernisse angepasst werden.
Die Schritte im Einzelnen:
- Prozessbegleitung bei der Überprüfung und Weiterentwicklung eigener Arbeitsmaterialien für den ASD:
Die Fachstelle übernimmt dabei die Rolle als fachlicher Impulsgeber und inhaltlicher Ratgeber für örtlich zu führende ergebnisorientierte Debatten. - Begleitung des Umsetzungsprozesses
Der Implementationsprozess wird mit dem Ziel begleitet, die Jugendämter beim Erfüllen ihres Schutzauftrages zu unterstützen.
Dazu gehören das Festlegen und die Implementation von- gesicherten Verfahrensabläufen für fachkompetentes, kooperatives Reflektieren und Handeln
- weitere systematische Instrumente zur Risikoeinschätzung
- geeignete Formen der Dokumentation sowie
- eine wirkungsorientierte Ergebnisbewertung.
- Prozess- und Ergebnisevaluation
Welche Empfehlungen haben sich in der Praxis bewährt, welche Empfehlungen aus anderen Bundesländern können integriert oder als Anregung zur Weiterentwicklung des eigenen Verfahrens genommen werden?
Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an Hans Leitner: hans.leitner@start-ggmbh.de
Beispiele von Verfahren und Leitlinien
Die Fachstelle Kinderschutz hat eine bundesweite Recherche durchgeführt, um einen Überblick über die in der Praxis der Jugendämter verwendeten Verfahren bzw. entsprechende landes- und bundesweite Empfehlungen zu erhalten. Der Bericht ist auf dieser Website an anderer Stelle veröffentlicht und steht dort zum Download zur Verfügung.
An dieser Stelle geben wir einen Überblick über bundesweite Verfahren und Leitlinien nach § 8a SGB VIII. Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und beinhaltet keine qualitative Bewertung der Verfahren:
- In Brandenburg hat eine Arbeitsgruppe von ASD-Leiterinnen den "Leitfaden zur Wahrnehmung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung – § 8a SGB VIII" erarbeitet.
- Hamburger Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der „Garantenstellung" des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung
- Der Stuttgarter Kinderschutzbogen kann gegen eine Gebühr von 5 Euro bestellt werden bei Wulfhild Reich.
- Deutscher Städtetag: Empfehlungen zur Festlegung fachlicher Verfahrensstandards in den Jugendämtern bei akut schwerwiegender Gefährdung des Kindeswohls (www.dijuf.de)
- Institut für soziale Arbeit e.V.: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
- Deutsches Jugendinstitut: Heinz Kindler, Susanna Lillig, Herbert Blüml, Thomas Meysen, Annegret Werner (Hg.): Handbuch Kindeswohlgefährdung nach §1666 BGB und Allgemeiner Sozialer Dienst
- Stadt Dormagen (Hrsg.): Dormagener Qualitätskatalog der Jugendhilfe. Ein Modell kooperativer Qualitätsentwicklung. Leske Budrich (Leverkusen) 2001. 262 Seiten. ISBN 3-8100-3336-7
- Landkreistag Saarland: Gefährdung des Kindeswohls – Krisenintervention